Kein Sand auf Lanzarote

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… jedenfalls nicht für uns. Es stimmt, es gibt auf der gesamten Insel keinen salzfreien Sand zu kaufen. Auch nicht auf Fuerteventura, und die restlichen Firmen, die wir angeschrieben haben, liefern nicht auf die Kanaren oder antworten nicht. Ich werde also in der nächsten Woche telefonieren, bis ich endlich das bekomme, was ich will.
Das Interessante daran ist ja, dass einige hier schon wissen, dass Salz Wasser anzieht und dass die allgemeine Feuchtigkeit in den Wänden nicht allein vom Regen kommen kann. Mal ehrlich: JEDER, der auch nur einen Blick auf die Insel geworfen hat, weiß, dass es nicht vom Regen kommen kann. Und dass die Böden so unglaublich feucht sein sollen, dass die Wände sogar in mehreren Metern Höhe feucht sind und schimmeln, das kann nicht allein vom Regen kommen. Doch das alles wird mit einem Schulterzucken beantwortet, nein, gewaschenen Sand gebe es hier auf Lanzarote nicht, ist eben so. Und liefern, hah, das sei ja viel zu teuer. Dass es aber jeden hier noch teurer zu stehen kommt, weil die Bauarbeiter mit salzigem Sand bauen, interessiert dabei nicht. Das Highlight heute war die Chica im Tierladen (ja, der letzte Versuch war Aquariumsand, aber 16 Euro pro Kilo wollten wir dann doch nicht zahlen). Als ich erklärte, dass wir hier auf Lanzarote bereits überall gefragt hätten, sagte sie: „Ah, aquí en Lanzarote no hay nada“, Ach, hier auf Lanzarote gibt’s ja nie was.
Wir hoffen also weiter, dass wir eine Firma finden, die liefert.

Und wir hoffen, dass unser „Handwerker“ (Ihr habt die Anführungsstriche schon vermisst, gebt es zu!) nicht anfängt, mit Zement zu hantieren, weil er nicht akzeptieren will, dass wir das nicht möchten. Kalk tauge nichts, das sehe man ja an dem (bereits seit 100 Jahren existierenden) Haus, alles feucht, und nein, das liege natürlich weder am Zement, das man später draufgespachtelt hat, noch am Salz im Sand, sondern am Boden. Er hätte 25 Jahre Erfahrung, und das was wir vorhaben, Hand aufs Herz und unter Freunden, wäre Blödsinn. Aber wir sollen ruhig machen. Er würde ja überall mit Zement arbeiten und dann eine Farbe draufstreichen, da gebe es gute, die könnten atmen. Danke, nein.
Überhaupt hat er uns viel zu viel Geld aus den Rippen geleiert. Wir wollten, dass er uns einiges einreißt, vor allem das Dach und die Wände im Salón. Das sei unglaublich aufwendig, hatte er behauptet, um sein Angebot zu rechtfertigen, außerdem brauchte er spezielle Maschinen und einen Bagger und so weiter. Dass das Dach innerhalb eines Vormittags komplett entfernt war, sogar eine Hälfte der Wand fehlte und nirgendwo Spezialmaschinen herumstanden, hat uns dann doch verärgert. Und immer dieses: „Kein Problem, das machen wir schon, bitte macht Euch keine Sorgen.“ Dort könne man die Tür verbreitern, hier noch ein Fenster mehr, die Böden komplett bis zur Erde rausreißen und neu betonieren, alles auf ein Niveau bringen, die 10 cm Zement kloppen wir schon weg. Dass er dabei nie sagt, was es an Extrakosten verursachen wird, ist extrem unprofessionell. „Das kriegen wir schon hin, das wird nicht teuer.“ Aha. Wir haben ihm jetzt eine Summe genannt, die nicht viel höherliegt als sein Angebot, aber die unser absolutes Limit ist. Er wirkte angesäuert, dass wir offenbar nicht die Kühe sind, die er melken könnte, aber ich bin gespannt, wann wir diese Grenze erreichen werden. So was nervt. Ich dachte, da wäre jemand, der einen mal nicht versucht, übern Tisch zu ziehen, aber wieder mal habe ich mich geirrt. Als ob wir, nur, weil wir Deutsche sind, das Geld kacken würden.
Etwas Positives hat das Ganze jedoch: Wir sind jetzt noch motivierter, was das Selbermachen angeht. Stichwort Türen erhöhen: Da stellt man sich ja vor, wenn ein Profi einem das anbietet, dass er alles abstützt, so dass die Wand nicht einbricht, oder? Das haben wir uns nicht zugetraut, also mach das bitte. Gestern waren wir dann auf der Baustelle, als sein Arbeiter (ER selbst ist nur der Bauleiter, der abends mal vorbeitschaut) zu mir kam und fragte, was er denn jetzt tun solle. Er hätte die Tür erhöht, nun aber fallen die Steine obendrüber runter. Wo ich das gerade schreibe, bemerke ich erst, wie unglaublich das ist. Er erwartete also gestern von uns eine Lösung, wie er zu arbeiten hätte, weil er selbst keine Ahnung hat. Nichts wurde abgestützt, er hat einfach nur die Steine über der Tür weggekloppt. Das hätte selbst ich geschafft. Ob er denn (und hier kommt es wieder!) Zement oben reinspritzen sollte, dann halten die Steine wenigstens. Ähm. Er hat jetzt die Türöffnung mit so einem höhenverstellbaren Metallstab, wie man sie von Baustellen kennt, und einem Brett abgestützt. Der Maurer soll sich darum kümmern. Den Metallstab hat er übrigens aus unserem Hühnerstall. Soviel wieder zum Spezialwerkzeug und dem teuren Material.
Wenn die Wände einbrechen, dann muss der Maurer sie wieder aufbauen, von daher bin ich noch relativ entspannt, was das Ganze angeht, aber das kann doch alles nicht sein. Morgen werden wir zur Baustelle fahren und mal schauen. Und wenn da Zement in der Tür ist, örgs, dann weiß ich auch nicht mehr weiter.

Ja, jetzt nervt die Baustelle. Und wir hatten recht: Lieber selber machen. Und das werden wir jetzt. Vielleicht bauen wir auch das Dach selbst. So schwer kann das alles nicht sein, und das, was der Tischler beschrieben hat, ist keine Meisterleistung. Unser Hochbett damals haben wir auch selbst gebaut, zwar ohne Isolierung (er würde Steinwolle drauflegen und fertig), und auch nicht in fast 4 Metern Höhe, aber das stand. Und sah gut aus.

Fundstück heute, gefunden IN der Wand in einem Abzug, der natürlich wieder zugemauert war: Irgendein Etikett, ich finde noch heraus, wovon.
Danach folgt ein Bild einer der Pflanzen aus dem inneren Patio, die ich im Garten neben einem der Mispelbäumchen gepflanzt habe. Wir ließen die Pflanzkübel nämlich wegschlagen, die Pflanzen selbst wollte ich aber unbedingt retten. Und die eine freut sich offenbar so über ihre Auswilderung, dass sie schon am nächsten Tag blühte. Wie schön. Es gibt doch immer noch Glücksmomente!

Oh, bei Glücksmomenten fällt mir ein, die Geschichte mit der Bank steht ja noch aus! Tatsächlich erhielt ich am 31. eine Antwort von der BBVA,  nämlich die, dass sie uns nicht weiterhelfen könnten.
Einige Steuern könnten eben nicht über dieses Konto bezahlt werden, wir sollten uns doch bitte an unser Finanzamt wenden. Haha. Daraufhin sind wir noch am gleichen Vormittag zu einer Filiale dieser Bank gegangen. Es war sehr voll, wir mussten ziemlich lange warten, aber dann endlich kamen wir an die Reihe. Die junge Dame hinterm Schalter war auch sehr nett und sagte sofort, dass wir das alles bei ihr regeln könnten. Wir konnten es kaum glauben, dass unsere – und ich verwende dieses Wort nun zum allerletzten Mal – Odyssee beendet sein sollte, strahlten über beide Ohren, und sie gab die notwendigen Daten in den Rechner ein, Ja, hier unsere Pässe, unsere Steuernummer, okay, da ist das Formular, jetzt gleich, der Rechner rechnet.
Und rechnet.
Und rechnet.
Die junge Dame wurde etwas unruhig, blieb aber freundlich. Das mache der Rechner normalerweise nicht, wir müssten uns nur einen winzigen Moment in Geduld üben.

Wir übten etwa vierzig Minuten lang.
Vierzig Minuten, in denen ich mich vom Schalter entfernte, vielleicht lag’s ja am Karma, vierzig Minuten, in denen ich herumwitzelte, dass wir uns ja auch gewundert hätten, wenn es jetzt plötzlich reibungslos geklappt hätte, vierzig Minuten, in denen Ollie immer genervter wurde, vierzig Minuten, in denen die junge Frau verzweifelt, aber stets lächelnd den Rechner herunter- und wieder hochfuhr.
Dann gab sie auf.
Wir sollten uns doch bitte an ihre Kollegin am anderen Schalter wenden, es täte ihr leid, der Rechner würde nichts mehr tun.

Also warteten wir auf die Kollegin am anderen Schalter, während die andere die Kunden wegschickte bzw. nun die um Geduld bat, weil der Rechner in die Knie gegangen ist. Wegen der Señora da drüben. Und just, als ich mich an den Tisch der Kollegin setzte und zu erklären begann, was die längst schon wusste, wurde ich unterbrochen: Der Rechner lief wieder, die junge Dame winkte uns peinlich berührt zu sich hinüber.
Und tatsächlich waren wir nach über einer Stunde aus der Bank raus. Mit bezahlten Steuern. Mit Stempel. Und mit dem Gefühl, dass das Universum einen leichten Knall hat.

6 Gedanken zu „Kein Sand auf Lanzarote“

  1. Na, wenigstens das Finanzamt, weiß, was nötig ist. Vielleicht solltet ihr Mal im Baumarkt nach Türstürzen fragen kosten nicht die Welt und wenn sie da sind, werden sie sicher auch verwendet, billiger als neue Mauern. Ich weiß ja, wie gern ihr etwas selbst macht, aber beim Dach kriege ich Angst um meine guten Freunde. Vier Meter ist arg hoch.
    Macht euch einen schönen Abend.

  2. Na, dann hat sich eure Hartnäckigkeit ja am Ende ausgezahlt. Aber was für ein Ritt. Dabei wolltet ihr nur die Steuer bezahlen😒. Ich lese den Blog immer mit großer Freude und ErwArtungshaltung. Schön zu lesen dass es woanders doch noch schlimmer sein kann als im Überregulierten D wo sich Heerscharen von Beamten täglich neue oberlehrerhafte Vorschriften ausdenken, deren Einhaltung manchmal anderen Gesetzen widersprechen würde. Ah. dSGVO versus Spielersperren für Problemspieler…
    Klasse dass Euch der Handwerker um Anweisung bzw. Rat fragt wie er weiter vorgehen soll👍✌️🙈

    1. An sich finde ich es sogar gut, dass der „Handwerker“ uns vorher fragt, bevor er was tut, was wir nicht wollen. Nur sollte er bitte mehr Ahnung von dem haben, was er macht und UNS dann nur entscheiden lassen, was wir möchten. Ich habe gerade 5 Minuten gegoogelt, was Türstürze angeht. Was uns vor ein paar Monaten dazu brachte, einen „Profi“ hinzuzuziehen, waren Sätze wie: „Der Weg zum Professionisten ist daher angeraten“ oder “ solange eine Restgefahr besteht, ist der Gang zum Fachmann auf jeden Fall die richtige Wahl“ oder „für größere Öffnungen […] ist aber in jedem Fall ein Statiker miteinzubeziehen“ etc. Und jetzt lese ich erneut, was alles beachtet werden muss und sehe, dass NICHTS davon von dem „Handwerker“ beachtet wurde. Nichts! Größe des zu einbauenden Türsturzes (welcher Sturz?), gut abstützen, wenn abgestützt, auf den Boden achten wegen der punktuellen Belastung, Sturz einmörteln, trocknen lassen, bevor es weitergeht etc. Da steht nicht von: einfach alles weghauen und danach mal schauen, ob die Wand noch hält. (Dass das auf jeden Fall falsch ist, war mir auch vorher klar. Jetzt bin ich nur entsetzt davon, dass ich nach 5 Minuten mehr weiß als einer, der das angeblich 25 Jahre macht.)
      Tief durchatmen.
      Weitermachen.

  3. Über welche Menge Sand redet ihr da? Wieviel braucht es da?
    Ist schon ziemlich unglaublich wie ignorant man Problemen gegenüberstehen kann.

    1. Ich hab da gar nicht drauf geantwortet. Es geht um ca. 750 m² Wandfläche. Insgesamt 23 Tonnen Kalk und Sand. Wir haben jetzt eine Transportfirma gefunden, die uns das liefern kann, der Kalk kommt direkt vom Werk (http://www.cementonaturaltigre.com) und die können uns auch gleich den passenden Sand dazu tun. Wir hoffen, dass wir der Feuchtigkeit dann ein Schnippchen schlagen und das gute, teure Zeug nicht zum Opferputz wird.

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