Aufbau des Hauses

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Ich habe viel gelesen in der letzten Zeit über die traditionelle Architektur Lanzarotes, besonders über die der Casas rurales, also der Häuser auf dem Land. Schnell habe ich die Parallelen entdeckt, wie die Aljibe (Wasserspeicher) unterm Patio, den typischen Ofen an der Außenwand oder die vier Holzbalken, die die Küche in zwei Etagen unterteilten (der Rauch des Ofens qualmte dermaßen, dass man auf einer Zwischendecke aus Holz wohl Fleisch und Käse lagerte, um es zu räuchern.) In diesem Zusammenhang musste ich leider auch akzeptieren, dass unser Häuschen wohl nie über so einen hübschen Schornstein verfügte, wie man sie überall auf der Insel sehen kann, denn die waren nur etwas für die Reichen. Wir haben ein Loch in der Wand über dem Ofen. Damit muss ich jetzt klarkommen.
Ich fand heraus, dass der allgemeine Aufbau traditioneller nicht sein kann: die Mauern (dicke Steine, kleine Steine, Erde und Kalk, (Abbildungen hier: TÉCNICAS_TRADICIONALES_DE_CONSTRUCCIÓN_EN_LANZAROTE Seite 6 bis 7), die Türstürze aus Holz, die fehlenden, dann nachträglich eingebauten Fenster, die Bögen über den alten, die Cantos* rund um die neuen Türen herum, die Luken für die Belüftung, das Nach und Nach des Bauens.
Meine neueste Entdeckung ist hier links zu sehen (Klick aufs Bild): die Wand zwischen Patio und dem Raum, den wir Mehrzweckraum nennen, da er noch keine echte Bestimmung hat außer der, dass dort unsere Kleiderschränke und vermutlich eine hübsche Chaiselonge stehen werden.
Da klopf ich also gestern so vor mich hin und bemerke mit einem Mal, dass zwischen den Steinen eine Linie senkrecht die Wand entlangführt, und nicht nur das, sie verläuft stufenförmig von links unten nach rechts oben. Rechts: dicke, große Steine, die ein alter Putz umgibt, links: ein anderer Wandabschnitt, separat verputzt. Das heißt, die Wand rechts (mit den Stufen) ist älter als die links, die wiederum nur einen halben Meter bis zur nächsten Ecke misst. Hier wurde die Wand ab der Höhe von ca. 2 Metern bis oben hin mit Steinen aufgefüllt. Der rechte Teil wurde dann irgendwann einfach abgeschnitten und mit Cantos und Zement verarztet. Denn ja, richtig, rechts von der Stufenwand sieht man, dass die Wand weiter geht, doch wurde die nachträglich eingebaut. Das erkennt man daran, dass sie mit nur zwanzig Zentimetern verhältnismäßig dünn ist und aus Cantos besteht. Was passierte mit der alten, dicken Wand? Warum ist sie gestuft? Und warum hat man sie eingerissen?

Meine vage Vermutung ist, dass es sich ursprünglich um ein Tor zum Patio gehandelt haben könnte (s. Foto links, das Entrée zum Anwesen César Manriques, oder die Zeichnung mittig mit diversen Toren). So etwas sieht man hier häufiger, es diente als Eingang und konnte schon mal etwas größer ausfallen. Auch war es üblich, den Patio wegen der Privatsphäre zu ummauern. Doch zwei Dinge sprechen dagegen:
1) Die vermutlich zuerst erbauten Räume waren der heutige Salón plus alte Küche (Atelier) (s. Grundriss, schwarz, 1). Doch der Salón besaß bereits eine große Tür und ein Fenster. Warum sollte es noch einen zusätzlichen Eingang geben? Um Steine zu sparen? Um den Weg zur Küche zu verkürzen, wenn man die Einkäufe nach Hause schleppte?
2) Meine Güte, das wäre aber ein gewaltig großes Tor für so ein kleines Haus gewesen!

Für die Theorie spräche, dass das Tor relativ mittig im Bezug zum Patio stand, hätte man vorher die neue Küche mit dem Ofen gebaut (grau) und die Wände dann verschlossen (grün). Und dennoch. Seit gestern zerbreche ich mir den Kopf, warum und wie und überhaupt. Ich hoffe, dass ich, sobald ich noch mehr Ecken entputzt habe, herausfinden werde, in welcher Reihenfolge die Räume tatsächlich gebaut wurden. Vielleicht kriege ich das aber auch niemals heraus.

*Ich glaube, ich hab es schon mal erwähnt, aber es schadet ja nichts: Cantos sind Blöcke, die hier zum Bauen verwendet wurden, bei uns im Haus findet man sie um „neue“ Türen und Fenster herum. Sie bestehen aus kleinen Lavasteinchen (Picón), ich weiß allerdings nicht, ob sie aus dem Stein ausgeschnitten, oder gepresst wurden. Canteras, die sieht man heute noch, das sind die entsprechenden Steinbrüche. Der berühmteste ist der, in dem César seinen Kaktusgarten gepflanzt hat. Auf dem Bild links könnt Ihr die schwarzen, viereckigen Steine gut erkennen. In den meisten Fällen zerbröseln sie schon, wenn man sie nur schief anschaut. „Muerto“, sagte der Maurer dann dazu, denn genau wie der Kalkputz sind diese Steine in unserem Haus eins: tot.

2 Gedanken zu „Aufbau des Hauses“

  1. Du leistest da ja richtige Detektivarbeit…. Venerando weiß zur frühen Entstehungsgeschichte des Hauses ja auch nicht viel. Wahrscheinlich lernt er durch euch noch mehr darüber…

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