Ein neues Fenster!

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Nachdem ich eine gute Woche mit Kratzen und Schaben ausgesetzt habe, um meine leicht überlasteten Hände zu schonen, ging es gestern gleich frohen Mutes und mit normal dicken Fingern weiter.

Ollie ist noch immer dabei, eine U-Bahnstation im Gästehaus freizubuddeln, in der Hoffnung, dass unsere Berliner Gäste dann später eine unkomplizierte Anfahrt genießen können, erklärt mir aber immer, dass das gar nicht stimme, sondern dass er die Steine und die Erde dort im Boden loswerden will, da sie nitratverseucht sind von pinkelnen Eseln und Kamelen, und das würde Feuchtigkeit begünstigen. Da hat er wohl recht, denn auch die Wand zum Salón blüht wie die damals vom dicken Kanzler versprochenen Landschaften, der Salpeter färbt die Steine grau und das Salz (der Kalk?) drückt sich aus den trocknenden Wänden und überzieht alles mit feinstem, weißen Puderzucker.
Hört sich romantisch an, ist aber nicht so schön. Natürlich hoffen wir, dass bald alles verblüht ist, denn was wir nicht gebrauchen können ist, in Zukunft die neuverputzten Wände alle paar Wochen abzubürsten, weil das Kamelpipinitrat mit was auch immer in der Wand reagiert und das weiße Pulver durch die Wand drückt. So könnte es sogar passieren, dass das Zeug den Putz absprengt, das wollen wir ja alle nicht. Wir sind noch am Suchen, was man genau dagegen tun kann, außer irgendwelche Plastiksubstanzen drüberstreichen, die ja doch nur erreichen, dass es woanders blüht, bis dahin bürste ich es mit einer Drahtbürste runter. Den Zustand vorher, zwischendurch und nachher sehr Ihr auf den drei Fotos (oben).

Gestern habe ich dann tatsächlich noch eine Entdeckung gemacht, die mich, wie Ihr sehen könnt, sehr erfreut hat: Ein kleines Fenster im Atelier! Geplant war für diesen Raum nur eine Claraboya, also eine Dachluke für das Licht und natürlich eine Glastür zum Patio. Aber dann entdeckte ich wieder diese Steinanordnung, ein dicker Brocken fiel mir beim Kratzen entgegen, dann ein zweiter und Jubel! Da war das Fenster. Diesmal geht es tatsächlich auch eindeutig bis zur anderen Seite der Wand durch, und um Ollie das zu beweisen, steckte ich einen ausgedienten Hammerstiel durch ein kleines Loch (letztes Bild). Wenn Ihr genau hinschaut, dann seht Ihr auf dem Bild ganz links über meinem Zeigefinger ein paar kleinere Steine, die von vier großen umrahmt werden. Die kleinen kommen weg, und schon habe ich ein Fensterchen. Toll. (Das erste Foto ist die Ansicht der Patiowand, zwei, drei, vier sind die Ansichten im Atelier.)

So, ich muss los, Ollie scharrt schon mit den Hufen, wir müssen kratzen und schubkarren.

Falls ich übrigens irgendwann mal ein Buch über die ganze Geschichte schreiben werde, dann hab ich schon die ersten zwei Sätze:

„Sie wird nie das knisternde Geräusch vergessen, das es macht, wenn dutzende von hohlen Kakerlakeneiern aus einer Mauerfuge auf den Boden rieseln. Und sie wird nie begreifen, dass ihr das bereits nach drei Tagen egal war.“

 

NACHTRAG:

Heute habe ich gleich neben dem Fensterchen ein weiteres entdeckt. Aber das wird zugemacht, das führt nur in die Küche, bzw. in die Wand. Vermutlich zur Belüftung. Hm. Vielleicht mache ich auch ein Gitter davor. Zur Belüftung. Im Bild rechts davon ein weiterer Blick durchs kleine Fenster. Irgendwie gruselig, oder? Sollte ich vielleicht doch nicht …?

Und hier mal ein Eindruck davon, wie es aussieht, wenn es so richtig flutscht. Links die schon ganz gut (und vermutlich ausreichend, aber!) entputzte Wand, rechts: die getrocknete, sehr ordentlich entputzte und entmörtelte Wand. Ich hab zwei Quadratemeter in einer Dreiviertelstunde hinbekommen, das war superschnell. Der Mörtel – Barro – ist komplett trocken und bröselt schon, wenn man ihn nur schräg anschaut. Oder mit dem Buttermesser knibbelt. War gut heute, und es motiviert, dass die Wände wirklich trocknen. Wir scheinen – wenn nicht alles – so doch vieles richtig zu machen.

Ollie hat heute fast das Gästehaus fertig bekommen. 40 Zentimeter tief (!!!) hat er es insgesamt ausgeschachtet, das ist echt irre. Wie viele Schubkarren das sind. Wie viele Schaufeln! Und wie viel Schweiß. Aber es lohnt sich. Es wird keine feuchten Wände geben. Hoffentlich.

 

 

9 Gedanken zu „Ein neues Fenster!“

  1. Ach ja – Lege auf die stark belasteten Steine in Destilliertes Wasser getränkte Bandagen (Zellstoff vom
    Spital/Krankenbedarf) – diese dann nach dem Trocknen immer wieder erneuern und das zieht Salze und
    Inhaltsstoffe aus dem STein.

    1. Cool. Das Problem ist, dass die noch in der Wand sind. Aber ich habe gerade heute tatsächlich überlegt, ob man die getrockneten Steine nicht wenigstens mit Wasser besprühen kann, so dass sie neu erblühen. Dann wieder abfegen und neu einsprühen. Aber mit den Bandagen, das muss auch gehen, super Idee! Umwickeln ist schwierig, wie gesagt, sie sind noch in der Wand, aber die kann ich ranpappen. Danke! Du bist (wie so oft!) eine große Hilfe!

  2. Einsprühen ist nicht falsch, zieht aber nicht so wie ca. 1 cm dicke Bandagen. Mauerrestaurierungen werden so gemacht und da findet man auch einiges im Netz! Ich schau dir mal nach! bei Eurer Fläche ist natürlich grossflächige METHODIK GEFRAGT.
    Lg LEO

  3. Ich freu mich schon wie Bolle Euch zu besuchen und im GÄSTEHAUS zu übernachten. TOLL! Leider habe ich keine guten Ratschläge und helfen kann ich erst wenns ans Streichen geht 😉

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