Von Nischen, Muscheln und Scherben in alten Wänden

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Nischen. Ganz viele. Ihr erinnert Euch, dass ich immer so erfreut war, wenn ich ein vermeintliches Fensterchen gefunden hatte? So langsam denke ich, es sind gar keine Fenster. Man kann nämlich – bis auf durch das im Atelier – nicht hindurchschauen. (Ja, wenn ich das jetzt schreibe, komme ich mir auch doof vor.) Ollie ging immer davon aus, dass die Anordnung der Steine Zufall sei, im höchsten Falle gestattete er die Annahme, dass das, was ich als Fenster interpretierte, Öffnungen zur Belüftung seien. Vor allem waren da ja die zwei Nischen in der Küche, da wäre es durchaus sinnvoll gewesen, die verrußte Luft abzuleiten. Ein bisschen Zugluft hätte dem Haus generell nicht geschadet, nahezu fensterlos wie es ist, und dann auch noch mit den feuchten Wänden! Aber ich entdeckte immer mehr von diesen kleinen Dingern, in fast jedem Raum mindestens eines, außer in den später hinzugekommenen. Auch dort, wo die Wände aufgrund der späteren Wanddurchbrüche eingestürzt waren, kann man sie noch erahnen, die Steine dort sind jedoch etwas verrutscht. Alle Nischen sind in ein und derselben Höhe anzutreffen – in etwa zwei Metern  –, alle sind ähnlich groß, etwas schief. Aber sie sind da: zwei senkrecht gestellte Steine, ein weiterer liegt quer obendrauf, sieht ein bisschen aus wie bei Stonehenge. Dazu ein bis fünf lose Steine in der Mitte, die haben sie später hineingelegt, als sie die Nischen verschlossen und anschließend verputzten.

Aber wozu waren sie da? Und warum hat man sie verschlossen?

Licht.
Wir könnten uns vorstellen, dass die damaligen Bewohner darin Lampen aufgestellt haben. Ein gute Höhe, um den Raum mit Kerzen auszuleuchten, oder? Aber ganz überzeugt bin ich von dieser Idee nicht, da ich mir nicht vorstellen kann, wie jemand jeden Tag einen Stuhl dorthin geschoben haben soll, um die Lampen zu entzünden. Außerdem, warum hätte man sie irgendwann schließen sollen? Der Putz, der sie versteckte, ist eindeutig alt, soll heißen: nicht aus der Zeit, als Mala Strom und damit elektrisches Licht bekam.
Vielleicht waren es einfach nur simple Nischen für … Geld. Zum Verstecken. Oder Alkohol, hoch genug, dass die Kinder nicht hinaufreichten, hihi. Für kleine Marienstatuen oder andere Stehrumchens. Ich finde die Antwort etwas unbefriedigend, aber solange ich nicht mehr weiß, muss ich damit wohl klarkommen. Vielleicht ist es ja doch die Belüftung …
Unsere deutschen Nachbarn, mit denen wir uns mittlerweile auf einen Wein getroffen haben, haben auch solche Nischen in den Wänden. Ihr Haus ist ähnlich alt und wurde wunderbar von ihnen zu neuem Leben erweckt, samt Nischen.

Dann gibt es noch jede Menge Scherben, die mich beschäftigen. Ja, wir haben auch schon Müll in den Wänden gefunden, und ja, hin und wieder auch alten Putz, gerade in der Bauphase, in der die Wand im Patio wiedererrichtet wurde. Aber warum drückt jemand die Scherbe eines Tonkruges in den Mörtel? Ist das ein Spielchen vom Maurer, um zu beweisen, dass er die Mauer erbaut hat? Witzigerweise habe ich die Scherben – sie scheinen der Farbe und Lasur her von einem einzigen Topf zu stammen – nur in den Wänden des „großen Umbaus“ (Seite 4 des PDFs) gefunden, also in der Stallwand sowie in der Mauer zwischen alter Küche und späterem Badezimmer und im Ofen der ersten Küche (bald Atelier). Zufall?

Und dann sind da auch noch die Muscheln. Ein paar, oben auf den Kalkputz gedrückt, hatten wir bereits im Mai entdeckt, unter dem Zement. Gestern dann in einer weiteren Wand. Nicht auf dem Putz, sondern im Mörtel, und möglicherweise ist das alles auch Zufall. Aber wenn nicht? Was, wenn die Maurer hier sich wirklich mit Scherbe und Muschel unsterblich machen wollten? So etwas hat man ja schon mal gehört, von ägyptischen, altrömischen oder barockzeitlichen Steinmetzen, die ihre Initialen in die Steine geschlagen haben. Ich bin gespannt, ob ich alle Scherben aus den Wänden lösen kann und dann daraus ein kompletter Topf entsteht. Hihi. Ja, nee, vermutlich nicht. Alles Blödsinn. Aber wenn man da so fünf Monate rumkloppt, kommt man eben auf komische Ideen. (Und wenn ich weiter kloppe, setze ich die komischen Ideen doch noch in die Tat um!)

 

Zuguterletzt ein neues, fieses Fundstück aus der Außenwand des Stalls:
Ein Zahn und die Kanüle einer Spritze. Waren die Bewohner des Hauses Junkies oder hatten sie eine Apotheke? 😉

5 Gedanken zu „Von Nischen, Muscheln und Scherben in alten Wänden“

  1. Man hat früher einen „Komposthaufen“ angelegt, wo alles hineingeworfen wurde. Wir haben dort auch Dosen, Schuhe, Plastik und Kleidungsstücke, Scherben etc. gefunden.
    Zum Verfüllen der Lücken zwischen den Steinen hat man alles genommen, was zu finden war.
    Zu den Nischen: wenn sie regelmäßig und in einer bestimmten Höhe sind, gibt es auch in Burgen, waren dort Gerüste befestigt. Ansonsten für Kerzen oder auch für Tauben.
    Gruß
    Christine

  2. Spannend. Und klingt plausibel. Hab gegoogelt und z. B. in Marokko gibt es auch Löcher für den Gerüstbau bei alten Gebäuden, allerdings an der Fassade.

  3. Guten morgen, Christoph ist auch der Ansicht, dass dort in den Nischen Balken eingezogen waren. Ob es für das Bauen selbst notwendig war oder daran eine Decke abgehängt wurde kann er aber auch nicht beurteilen. Es bleibt spannend bei euch….
    Schön, dass wir euch so aus der Ferne ein bisschen dabei zusehen können.

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