Ihr seid alle soooo klug.

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Ja, diese Nischen scheinen tatsächlich Gerüstlöcher zu sein. Ich war gerade noch mal vor Ort*, und habe mir das Ganze daraufhin angeschaut: Die Abstände, dieselbe Höhe, die Größe der Nischen – alles passt. Oft sind die Nischen schwer zu erkennen, einige vermute ich in der Außenwand, die noch komplett verputzt ist, aber wenn man das im Hinterkopf hat und weiß, wo man suchen muss, ist es eindeutig. Gestern Abend – nach Leos überzeugenden Kommentar – habe ich natürlich gleich gegoogelt, und recht schnell (für die wenigen, die so unwissend sind wie ich) folgende Erklärung und ein passendes Bild gefunden:

„Im Außenmauerwerk großer mittelalterlicher Bauten fallen häufig regelmäßig angeordnete Löcher auf, die sich viele Betrachter nicht recht erklären können. Es handelt sich um Aussparungen zur Aufnahme der horizontalen Tragbalken für die Gerüste. Heute werden die Baudenkmale mit Stahlrohrgerüsten vom Boden aus eingerüstet, was Kosten erfordert, die gelegentlich höher sind als die der nötigen Reparaturen. Im Mittelalter mauerte man dagegen vom Boden aus soweit hoch, wie die Arme der Maurer reichten, sparte dann oben Löcher aus und schob Balken in das Mauerwerk hinein, auf denen die Gerüstbretter auflagen. Durch Schrägstreben wurde eine Binderkonstruktion geschaffen, die den auskragenden Balken davor bewahrte, abzubrechen oder aus dem Gerüstloch herausgezogen zu werden. […] Der wichtigste Vorteil der von unten nach oben wandernden, auskragenden Steckkonstruktionen der Gerüste gegenüber der Gesamteinrüstung vom Boden bis zur abschließenden Mauerkrone liegt im sparsamen Umgang mit Bauholz, das im Mittelalter äußerst kostbar war.“

https://www.monumente-online.de/de/ausgaben/2006/1/von-loechern-im-mauerwerk.php#.W8B68vaNw-VNun, wir befinden uns nicht im Mittelalter, aber es liegt nahe, dass die kanarischen Bauern sich irgendwie behelfen mussten, um eine angenehme Raumhöhe zu erlangen. Die Konstruktion der hiesigen Häuser legt es ja darauf an, ein vor allem im Winter windgeschütztes, im Sommer dagegen kühles Heim zu schaffen, dazu zählt eben eine große Deckenhöhe und zum Beispiel auch das Fehlen von Fenstern oder – zur Kühlung durch Verdunstung – das Bauen einer Aljibe unterm Patio. Und richtig, Holz war auf der Insel hier – wie damals im Mittelalter – Mangelware. Im Gegensatz zu fast allen anderen kanarischen Inseln, wo unter anderem Holzhäuser existieren, gibt es auf Lanzarote nur Häuser aus Stein. Alles, wo Stein Holz ersetzen konnte, wurde auch mit Stein hergestellt, Mäuerchen statt Zäunen, Bänke aus Stein usw.

Und so ergeben die Nischen tatsächlich einen Sinn, mit dem auch ich gut leben kann. Ich danke Euch für die Hinweise! Wenn ich etwas Neues übers Haus herausfinde, fühlt es sich jedes Mal an, als würde ich einen kleinen Schatz entdecken.

Natürlich hab ich mir den vergrabenen Piratenschatz noch nicht aus dem Kopf geschlagen, und vielleicht erzähle ich Euch auch, dass ich mit einem Strom-/Metalldetektor (diese kleinen Geräte, die anzeigen sollen, ob hinter der Wand ein Stromkabel oder so liegt) durchs Haus gelaufen bin, der ausschlug. Das mache ich aber erst, wenn ich mir sicher bin, ob es stimmt, was ich daraus geschlossen habe. Bleibt gespannt. 🙂


* Eigentlich waren wir heute vor Ort, weil die amerikanische Wettervorhersage noch heute früh den Hurrikan-Ausläufer „Leslie“ vorhergesagt hat, der am Sonntag die Kanaren erreichen sollte. Viel tun können wir nicht. Falls es hier knallt, dann knallt es, dann wird der Barro aus den Fugen geschwemmt, und die losen Steine auf den Mauern des noch dachlosen Salóns fallen uns zu Füßen. Die Wände und Böden dort würden ordentlich nass, aber das trocknet ja alles wieder. Ganz sicher. Und die Mauern werden das schon aushalten, auch ohne Dach, richtig?
Wir sind dennoch heute Vormittag hin, um den Sperrmüll des Vorbesitzers, der seit Monaten unschön im Garten herumliegt – der Müll, nicht der Vorbesitzer! – in die „Garage“ zu tragen, damit im schlimmsten Falle nicht alles durch die Luft fliegt. Drückt uns die Daumen, dass der kanarische Wetterbericht recht hat. Der kündigt nämlich überhaupt gar nichts außer schönem Wetter an.
Ollie fragte mich heute,  wem ich mehr glauben würde, den amerikanischen National Hurricane Center, oder den kanarischen Wetterleuten. Ehrlich gesagt, glaube ich generell an keine Vorhersagen, die mehrere Tage im Voraus gemacht werden. (Ach, guck, schon jetzt haben die Amerikaner ihre Vorhersage geändert!) Lasst uns also abwarten, was passiert, und drückt und die Daumen.

EDIT: Der Sturm geht an uns vorbei. Jetzt sagen sie hurrikanstarke Winde und Starkregen in Portugal an. Noch mal gutgegangen!

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