Der Kalk- und Tadelakt-Kurs, wo fange ich an?
Ich muss zugeben, am ersten Tag war ich enttäuscht: Der Kurs fand auf dem Grundstück einer Bekannten des Dozenten statt, er startete mehr als eine Stunde später als angekündigt. Lag nicht an ihm, sondern an den Teilnehmern, die nur nach und nach eintrudelten, dafür gab es Kaffee und Orangen aus eigenem Anbau – wer wollte. In den nächsten Stunden lernte ich in Bezug auf Kalk und seine Verwendung nicht viel Neues, aber es hieß ja auch „praktischer Kurs“, also nicht meckern. Der Dozent vermischte Kalk mit – wie soll ich es beschreiben? – Dreck; er griff in einen Haufen schwarzen Sand mit unterschiedlich großer Körnung (und nach Aussage einer Teilnehmerin Katzenkacke!) und gab es zusammen mit Aloe-Vera-Schleim (als Bindemittel) und Wasser in den Kalkeimer. Fix umgerührt, und wir konnten uns am Verputzen üben. Als die erste Wand fertig war, ging es zu einem kleinen Mäuerchen, das sollte blau werden, die Mischung des Mörtels wurde feiner. Die Arbeit bleib dieselbe. Mit der Zeit hatte ich das Gefühl, wir wären nur dort, um der Besitzerin des Grundstücks beim Renovieren zu helfen, und dafür war der Kurs echt teuer, und überhaupt war ich bestimmt die einzige, die dafür so viel Geld bezahlte, schließlich schienen sich alle schon zu kennen, außerdem war ich ja Guiri, alles doof, ist manchmal so.
Am nächsten Tag bin ich darum später hingefahren. Und Leute, keine Ahnung, was mich am Vortag geritten hatte, denn fortan hatte ich echt Spaß! Der Dozent beantwortete alle meine Fragen, zeigte mir sogar die Handgriffe, die ich vormittags verpasst hatte und war ganz bemüht, dass ich auch zum Tadelakten komme, denn das war der Hauptgrund, weshalb ich mich angemeldet hatte, außerdem hatte ich am Vortag angefragt.
Das ist der Tadelakt, den meine Mitstreiter vormittags auf eine Mauer aufgebracht haben. Das Wasser perlt nur so ab. Und hier mein Ergebnis von Kalk- und Pigmentauftrag und unermüdlicher Spachtel- und Poliererei.
Dass ich jetzt meine neue Berufung gefunden habe, muss ich Euch nicht erst erzählen: Ich werde ganz große Tadelakterin! (Ich hab schon so vieles durch, jetzt ist das mal dran.) Zuerst wird die Dusche getadelakt, klar, aber auch der Fliesenspiegel in der Küche kann damit verputzt werden, schön glatt und glänzend und vielleicht in blau oder türkis. Das Waschbecken, die Basis aus Beton: Tadelakt! Außerdem kann man auch das Dach mit Kalk verputzen. Man muss nur spachteln und polieren, und schon wird alles wasserdicht.
Okay. Man muss viel spachteln und viel polieren. Aber es macht Spaß. Es ist keine große Denkaufgabe, aber es hat mich komplett eingefangen. Möbel gehen natürlich auch.
Ich tadelaktete also, was das Zeug hielt, dann half ich auch noch dabei, eine andere Wand mit Barro (Lehm) zu verputzen, und schon war die Idee geboren, die lehmhaltige Erde, die wir zur Zeit zu Tonnen aus unserem Haus tragen, als Putz zu verwenden. Lehmputz ist wahnsinnig gesund, nimmt Feuchtigkeit auf und gibt sie wieder ab, ein ganz dolles Zeug! Sieht halt nur nicht so schön weiß aus, sondern … lehmfarben halt. Erstaunlicherweise hatte Ollie, als ich ihm von der Idee berichtete, überhaupt nichts dagegen, klar, er wollte es nicht überall, aber im Gästehaus könnte man es versuchen, im Bad fehle eh ein Fenster für die Abluft. Und das Braun sei doch auch ganz hübsch. Fortan landete die für die Abwasserrohre ausgeschachtete Erde also nicht mehr auf dem Schutthaufen, sondern in einem ausgedienten Big Bag.
Apropos ausschachten: Hier sind die ganzen Abwasserrohre, die in den Boden müssen. Das ist mein Atelier, jaha, da kommt ein Waschbecken rein. Und so sieht’s aus, wenn die Rohre noch nicht verklebt, aber verlegt sind. Hier aus einer anderen Perspektive, Küche Richtung Atelier. So habe ich das „Rohrsystem“ nach und nach zusammengestellt.
Die vergangene Woche befassten wir uns dann wieder mit den Abwasserrohren, wieder eine Arbeit, die wir uns nicht sooo aufwendig vorgestellt hatten. Aber wer ahnt auch, dass im Boden so viele verdammte Steine sind? Da guckt dann immer einer raus, man greift ihn, nichts. Versucht dann vergeblich, ihn mit dem gelben Hammer (der hat einen krummen Hinterkopf, den man als Hebel verwenden kann) herauszuhebeln, um dann mit dem Bohrhammerdings wie ein Blöder darauf- und drumherum zu kloppen, bis der Stein in seine Einzelteile zerbricht oder man keine Lust mehr hat und es auf den nächsten Tag verschiebt. Um dann mit neuer Kraft die 95% des Steins, die sich unter der Erde befinden, rauszuwuchten! Hölle, Hölle.
Aber wir – wie gewohnt – geben nicht auf. Es geht weiter und immer weiter, nicht nur mit den Rohren, auch zum Beispiel mit dem Rest des Küchenschranks, in den der Maurer vor einer Woche einen neuen Sturz eingebaut hatte. Ollie meinte, er könne den Rest auch selbst, also hat er mal gemacht. Und ich natürlich mit, ist doch klar.
Voll dynamisch, wa’? Jetzt noch weiß verputzen und Holzbretter rein, und schon ist Platz für die Kochbücher. In voller Montur: Atemmaske, Schutzbrille, Helm, Handschuhe und Ohrenschützer.
Es geht weiter, und wir kommen gut voran.
Heute zum Beispiel mit dem Gästeraum. Hier sind die Rohre auf die richtige Größe gekürzt und (unverklebt) gelegt. Das senkrechte Ding simuliert die Duschwand, das waagerechte das Waschbecken. Es wird.*
*Für Ideen und Anregungen fragen Sie bitte Ihre Nedde oder Ihren Ollie.
sieht wirklich gut aus dasTakelak
Gruß Ingrid
Liebe Nedde,
wir hatten in unserem Fachwerkhäuschen ja auch Lehmputz und der wird wunderschön mit einem letzten Kalk-Kasein-Anstrich, in dem Du Farbpigmente einrührst.
Das Wohnzimmer war ocker und eine Wand ziegelrot. Das Bad war wässrig blau und der obere Flur so helles gelblich. Du siehst, da geht auch was mit Farbe und eben nicht nur rot-braun.
Im Netz findest Du dazu jede Menge Informationen.
LG Andrea