Es ist ja immer was.
Diesmal ist es nichts.
Also kein Wasser.
Sie legen da irgendwelche neuen Leitungen oder reparieren, und so kommt bei uns schon seit Tagen nichts mehr aus der Leitung. Wir haben zwar einen Tank, der genau für solche Tage gedacht ist, und der ist auch voll, aber die dazu passende Pumpe haben wir noch nicht in Betrieb genommen. Könnten wir, aber … „Ooooollie? Wieso installieren wir die Pumpe eigentlich nicht?“
(Ach ja, stimmt, da soll noch eine Holzkiste drum, damit man die Pumpe nicht klaut, wenn sie im Garten steht. Hm, könnte man ja eigentlich schnell mal schreinern … Ooooollie?)
Kein Wasser bedeutet, wir können Decken und die Wände vornässen, um den letzten Farbanstrich vorzunehmen. Da sind leider immer noch einige im Lese- und Arbeitszimmer nötig, und auch im Schlafzimmer, denn dort löste sich die Farbe plötzlich von der Decke.
Mehr als ärgerlich, aber höchstwahrscheinlich meine eigene Schuld, da ich Wände und Decke nach dem Streichen nicht nur vor-, sondern auch immer schön nachgenässt habe – vermutlich zuviel, sodass sich die frische Farbe aufgrund der Schwere des Wassers vom Beton gelöst hat. Ob die Theorie stimmt, weiß ich nicht, aber die Farbe ist ab, also ist das völlig egal.
Aber es gibt ja immer was zu tun, und wenn wir nicht streichen können, dann machen wir halt woanders weiter. Ollie im Patio.
Für die Beleuchtung im Patio brauchen wir natürlich auch Stromleitungen. Die bammelte bisher nur aus dem Fenster, jetzt verlegte Ollie sie für die drei Wandlampen. Dazu flexte er Kanäle in die Wand, eine sehr, sehr staubige Aufgabe. Danach wurden die Kabel durch die Macarones gefummelt. Sieht prima aus. Hier zwei Verteilerkästen in Nahansicht. Und zum Schluss noch mit Grobputz fixiert. Knapp drei Tage Arbeit.
Doch in diesen drei Tagen geschah noch mehr:
Der Wasseranschluss passte nicht so ganz in den präparierten Balken, und einen schiefen Wasserhahn wollen wir nun echt nicht. Wir versuchten, mit Schrauben, den Anschluss am Balken zu fixieren, mit Holzstückchen und Gewalt. Zum Schluss war es jede Menge Zement, die ich zwischen Leitung und Holz quetschte, aber dann hielt es auch.
Mittlerweile war auch die frische Kalkladung angekommen: neuer Cal en Pasta (Sumpfkalk, in Eimern), noch mehr Tadelakt (für Dusche und Waschbecken und vielleicht späterere Spielereien) und zwei Säcke BRANNTKALK in Stücken.
Branntkalk (Calciumoxid) ist Kalk, der gebrannt wurde, logisch. Dazu nimmt man Kalkgestein und brennt es in Öfen. Das Ergebnis (Calciumhydroxid) wird dann wiederum gelöscht, um Sumpfkalk 1)Sumpfkalk ist eine Aufschlämmung (Suspension) von Calciumhydroxid (Ca(OH)2, Kalkhydrat, Löschkalk) in Wasser. Der Name Sumpfkalk kommt von der sehr alten Technik des Einsumpfens des Kalks in einer Grube, nachdem der Branntkalk mit Wasserüberschuss abgelöscht wurde. (Wikipedia) zu erhalten, mit dem man arbeiten kann. Beim Löschen entstehen dolle Temperaturen und man muss aufpassen, dass man sich nicht verbrüht oder verätzt, aber wir haben ja professionelle Schutzkleidung und passen auf. Und los geht’s:
Zur Vorbereitung füllte ich die blaue Tonne mit Wasser, immer 8 Liter, bis ich auf 130 Liter kam, mit dem wir anderthalb 25-kg-Säcke Branntkalk löschen wollten.
Um mich nicht zu verzählen, machte ich für jeden Guss mit dem Hacken einen Strich auf den Boden und fühlte mich super clever – bis ich die Messstriche auf der Tonne entdeckte. Und auch noch festellen musste, dass ich um 10 Liter falsch lag. Egal.
Ollie legte nun die professionelle Schutzkleidung an und passte auf:
Dann wurde gerührt:
Und dann blubberte es doch, und es brodelte, wurde heiß, und der Kalk reagierte. Toll, was man alles so machen kann, wenn man nur will. Physik ist toll! (Wer hat das gesagt?!)
Selbstgelöschter Sumpfkalk ist was Feines. Einerseits kostet es einen Bruchteil von fertigem (in Eimern), außerdem wird er besser mit den Jahren. Drei Jahre gesumpfter Kalk ist schon eine Menge wert, sumpft er 10 Jahre, können wir das Zeug teuer verkaufen – wenn wir jemanden finden, der darauf Wert liegt, also … wir haben dann schönen Kalk zum Verputzen und Ausbessern.
Auch das Badezimmer ist noch nicht fertig, es fehlt unter anderem noch Feinputz an der Wand, und das Klo muss noch installiert werden. Doch fürs Verputzen brauchen wir das Gerüst, und das steht noch im Schlafzimmer und ist zu schwer, um es immer hin- und herzuschleppen, und das Klo wird unter das Fenster gebaut, und das muss noch ausgetauscht werden, und wir wollen verhindern, dass die Schüssel wie auch die Rigips-Konstruktion drumherum dabei Schaden nimmt. Aber die Dusche, die könnte man tadelakten. Aber nicht, wenn Durchzug herrscht, denn dann trocknet der Tadelakt zu schnell und erschwert maßgeblich die Arbeit, außerdem könnte er Risse bekommen, ganz schlimm! Ein Fenster muss her! Und dieses dann in die Wand.
In den von mir noch neulich wunderschön vorbereiteten Putz … … dremelte und meißelte Ollie einen Spalt für die Scheibe. Als Test – das Loch ist nicht wirklich gerade – hielt ein Korkplattendummy her. Etwas Sägen, Fluchen und Ausrichten später sitzt die Scheibe … … und sieht gut aus. Tags drauf mit Silikon verklebt und mit Leiste bestückt. Ausreichend blickdicht.
Nun erwähnte ich bereits, dass ich überlegte, mich im Sgraffito zu versuchen, da wir einen schönen Übergang von Tadelakt in der Dusche zur Wand darüber haben möchten. Und ja, wenn ich mir was in den Kopf gesetzt habe, dann zieh ich das auch durch. Manchmal. Also dieses Mal auf jeden Fall.
In Arrecife kauften wir in einem ziemlich winzigen Künstlerbedarfsladen die letzten drei Werkzeuge zur Tonbearbeitung. Wir wendeten den neulich türkisfarben getadelakteten Probestein, und ich legte auf dessen Rückseite los: Zwei dünne Schichten Tadelakt (die mir nicht so recht gelingen wollten, weil ich wieder mal zu ungeduldig war), dann einen Tag gewartet und frisch ans Werk:
Klappt.
Jetzt fehlt nur noch ein Motiv für die Dusche.
(Sgraffito findet sich in tausenden Varianten mit vielerlei Bezeichnungen, und meist sind es verschiedene Kalkschichten, die unterschiedlich gefärbt sind und die – je nach Tiefe des Wegkratzens – auftauchen. Ob ich das hinbekommen würde, keine Ahnung, aber uns gefällt das sehr diskrete Weiß-in-Weiß-Motiv, das wirkt sehr edel, und wenn man sich verkratzt, ist es nicht ganz so wild.)
Und weil ich schon mal am Modellieren war und nichts Besseres zu tun hatte, ging’s im Bad gleich weiter.
Denn Schrägen mit der letzten Schicht, dem Tadelakt, ausgleichen zu wollen, verspricht nichts Gutes: Die Stellen, an denen er dicker aufgetragen werden müsste, würden langsamer trocknen als die anderen, und es ist eh schon schwierig, den richtigen Zeitpunkt zum Polieren zu finden; unterschiedliche Trocknungszeiten wären da fatal!
Doch vor dem Tadelakt bekommt der Waschtisch noch ein Mäuerchen für den später rechts daneben entstehenden Schrank.
Das muss natürlich auch noch alles verputzt werden, und wo ich schon mal Putz angerührt habe, verputze ich das neue Fenster von innen gleich mit:
Aber jetzt, jetzt kommt der Tadelakt! Sehet und staunet!!!
Ich dagegen schon. Nach 7 Stunden im Stehen arbeiten, ständig mit der kleinen Kelle drüber, ständig glätten und versuchen, ob der Stein rutscht oder doch wieder alles aufreißt, weil ich zu ungeduldig bin, hab ich die Schnauze voll. Außerdem hatte ich Hunger. Und abends ein Jitsi-Treffen. Ich murmelte ein Stoßgebet gen Himmel, warf eine Folie über die ganze Angelegenheit und fuhr nach Hause.
Um 7 Uhr früh war ich wach. Und wer mich kennt, weiß, dass das keine Zeit für mich ist. Doch mir ging mein Werk nicht aus dem Kopf. Was, wenn nun alles zu spät war? Der Tadelakt angezogen, getrocknet und es unmöglich wäre, ihn zu polieren? Die ganze Arbeit umsonst!
Ohne Frühstück außer Kaffee ging es los. Der Putz unter der Folie schien noch leicht feucht zu sein, tatsächlich immer noch ZU feucht, um ihn zu polieren. Ich arbeitete also weiter mit der Kelle und wups!
Oh nö!
Das passiert, wenn Luft eingeschlossen wurde, weil man nicht ordentlich verputzen kann.
Ist mir nicht nur einmal passiert, aber jetzt war der Tadelakt schon fast trocken, und die Luftblase war riesig.
Sehr ärgerlich, und zur Folge eine Delle im schönen Waschbecken. Egal. Organisch.
Der nächste Schreck folgte auf dem Fuße, als ich einen Blick hinter die Mauer rechts vom Waschbecken tat:
Ein undichtes Rohr!
Oh NÖÖÖÖ!
Was das zu bedeuten hat, könnt Ihr Euch denken: Alles muss raus:
Das Wasserrohr ist im Zement wie auch im Balken, an dem wir beide mehrere Tage schufteten – schnitzten, ölten, ausrichteten – eingeschlossen, auf dem Zement liegen drei Tage Putz und Tadelakt.
Dann können wir auch gleich alles einreißen und einen stinknormalen Waschtisch kaufen.
Ist dann halt so.
Erstaunlicherweise haute mich das gar nicht so von den Socken (mich haut nichts mehr von den Socken!), stattdessen hielt ich kurz inne, schickte das Foto an Ollie und rief ihn sodann an, um ihn an meinem Schrecken teilhaben zu lassen.
Doch längst war mir klar, dass es schlimmer aussah als es war, und so ließ ich ihn sich das Bild gar nicht erst anschauen, sondern erklärte lachend: „Das ist Öl! Vom Balken!“
Den schönen Balken habe ich nämlich mehrfach und mehr als sorgfältig eingeölt. Mit Leinöl. Von alles Seiten. Auch an der, die später im Putz verschwand. Und dieses Öl drang nun einfach durch den Kalkputz durch.
Haha.
Witzig, was?
Na, ist ja mal wieder gut gegangen.
Das mit dem Tadelakt vorerst wohl auch. Denn es sieht gut aus. Also so richtig.
Jetzt muss es nur noch wasserfest sein! Aber das testen wir an einem anderen Tag.
Fußnoten
↑1 | Sumpfkalk ist eine Aufschlämmung (Suspension) von Calciumhydroxid (Ca(OH)2, Kalkhydrat, Löschkalk) in Wasser. Der Name Sumpfkalk kommt von der sehr alten Technik des Einsumpfens des Kalks in einer Grube, nachdem der Branntkalk mit Wasserüberschuss abgelöscht wurde. (Wikipedia) |
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Wieder mal wow. Ein Waschbecken kaufen kann jeder.
Aber trotzdem. Das wird euer Heim. Soviel Detaillarbeit in so vielen kleinen Dingen. Sooo zeitraubend. Ich hätte die Geduld nicht.
Was passiert jetzt mit dem ölfleck?
Da kommt’n Schrank vor! xD
Pft, jo, tatsächlich könnte man den Putz an der Stelle abhauen und dann eine Sperrschicht, womöglich die Schellackfarbe auf den Balken geben. Und dann überputzen. Aber ehrlich: Da kommt ein Schrank vor, das sieht man nicht.
Also das Mindeste was man über Euch sagen kann
„Ihr seid´s zaaache Hund!!!“““
Kompliment
😀 Danke
Das. Ist dem Schrank ist super,👍