Zuerst ein paar Worte zu meinem neuen Obstgarten:
Ollie las vor einigen Tagen in der Zeitung, dass in der Granja Agrícola Experimental de Tahíche, also, wie soll man sagen, einer staatlichen, experimentellen Baumschule oder so, dass dort Obstbäume für kleines Geld verkauft würden. Gerade noch hatte ich ihn beruhigt, dass der Garten als letztes dran käme, doch nun, was willste machen, wenn man dir ein Schnäppchen unter die Nase hält?
Zitronen-, Avocado- (Avocado!), Orangen-, Feigen-, Mandelbäumchen, Äpfel, Birnen, Mispeln und Pflaumen, insgesamt über 1.000 Bäumchen wurden verkauft, da musste ich natürlich hin. Avocadobäume! Ich rief an, man bejahte meine Frage, ob das denn auch für Privatleute sei, dann saßen wir bereits im Auto Richtung San Bartolomé.
Sie hatten keine Avocadobäume mehr.
Und sie wollten nur Bares.
Und jetzt wollte ich Feigen.
Und so fuhr Ollie noch mal los, um Geld zu drucken, und ich suchte mir derweil zwei Feigenbäume aus, zwei Mispel- und einen Zitronenbaum. Nicht größer als 1,20m waren sie, aber grün und hoffentlich imstande, in den nächsten Jahren zu großen, stattlichen Bäumen heranzuwachsen, die dann auch bitte das ein oder andere Stück Obst abwerfen, gefälligst.
Zurück in Mala machte ich mich sogleich daran, Mauern zu bauen und die Bäume in deren Windschatten zu pflanzen (Fotos folgen).
Und wer sich jetzt vorstellt, dass der Spaten in weiche, fluffige Gartenerde stieß und ich innerhalb weniger Minuten ein anständiges Loch gebuddelt hätte, der irrt. Ich habe noch nie so viele dämliche Steine im Boden gesehen wie in meinem zukünftigen Garten! Die Schaufel kratzte gerade mal die Oberfläche, schon war ein Stein da, den ich mit meinem Hämmerchen freilegen musste. Nach und nach holte ich einen dicken Brocken nach dem nächsten aus der staubigen Erde – das Land urbar machen, heißt das wohl –, bis ich nach ca. einer Stunde ein ausreichend großes Loch für … das erste Bäumchen gebuddelt hatte. Ich sah aus wie Sau, war von oben bis unten – es windete nicht zu knapp und leider auch nicht aus nur einer Richtung – mit braunem Staub bedeckt, und hatte jetzt schon kaum noch Lust.
Aber ich hatte fünf Bäumchen gekauft, und die konnte ich ja nicht einfach so in ihrem Topf lassen.
Beim zweiten Loch war es nicht viel besser, diesmal gab es zwar weniger Steine, dafür war der Lehmboden hart wie Stein. Zentimeter für Zentimeter klopfte ich die Erde raus, kam nur mühsam voran. Und auch der nächste Anlauf für Loch Nummer drei war nicht weniger anstrengend: Die Schaufel ließ sich zwar gut ins Picón (kleine Lavasteinchen) eintauchen, doch nach fünf Zentimetern war schon wieder Schluss: dicke Wurzeln machten es unmöglich, vorwärts zu kommen, und ich hämmerte und rüttelte mir den Weg frei. Und beim vierten, ja, da waren wieder die Steine aus Runde eins. Ich war echt bedient. Aber vier Bäume waren gepflanzt, hört her: Ich habe Bäume gepflanzt! Und Ollie würde am nächsten Tag den letzten pflanzen, eine Mispel, nachdem wir auch für sie ein Mäuerchen erbaut haben würden.
Durch die Gartenaktion kam ich im Haus – im Gegensatz zu Ollie – langsamer voran. Und dennoch hatte ich in der Zwischenzeit schon wieder neue Entdeckungen gemacht. Erstens (siehe linkes und mittleres Foto): Ein Einbauschrank in der alten und zukünftigen Küche. Die Seiten werden von termitenzerfressenen Holzbrettern begrenzt, irgendwann hatte man den Schrank dann vollgestopft mit Steinen und anschließend mit Zement verschlossen. Es war eine Sauarbeit, das halbwegs freizulegen, und ohne Ollie und seinen Bohrhammerdings säße ich wohl jetzt noch dran. Der (ein Pragmatiker durch und durch) schlug gleich vor, den Schrank so zu lassen, ihn besser wieder zu schließen, wer wüsste schon, ob die Mauern das mitmachten, nicht dass uns die Decke auf den Kopf fällt. Aber ich (weniger pragmatisch, eher romantisch-zutraulich) hatte den Schrank ja schon im Kopf neu zusammengezimmert, meine Kochbücher einsortiert und Gewürze eingeräumt. Die Wand steht doch schon hundert Jahre, was soll schon passieren?
Im gleichen Raum, ich hielt es zuerst noch für eine Tür, steht übrigens ein weiterer Schrank, das jedenfalls nehmen wir an, da auf der Rückseite der Wand keinerlei Anzeichen für eine Tür sind. Auch der wird freigelegt, das wird alles mal sehr, sehr schön.
In einem anderen Raum, im späteren Arbeitszimmer (ich hatte es schon erwähnt), da dachte ich, dass wir ein Fenster gefunden hätten und dass das Zimmer selbst vielleicht erst später hinzukam. Doch auch hier gehe ich jetzt davon aus, dass es sich dabei um einen ebensolchen Einbauschrank handelt wie in der Küche. Natürlich müssen wir auch den freilegen, möglicherweise ist der Familienschatz dahinter verborgen, und wenn nicht, wäre doch schade um den Stauraum, oder?
Doch weder die floristischen Neuerungen noch die Entdeckung längst vergangener Einbauten waren die Stars der vergangenen Tage, sondern eine schnöde, alte Sicherung. Ollie war etwas zu übereifrig mit seinem elektrischem Bohrhammerdings gewesen, und hatte kurzerhand die Stromleitung zerlegt. Zugegeben, die Leitung hätte niemand erwartet, sie war plötzlich da, dort wo sie gar nicht hingehörte. Tatsächlich führte dieses Kabel von dem Zimmer dahinter (dem späteren Badezimmer) einfach mitten durch die Wand. Führte weiter unter dem Boden entlang hoch zur gegenüberliegenden Wand, auch dort wieder einfach mitten durch die Wand, durch den erwähnten, noch nicht freigelegten kleinen Wandschrank in der Küche, über die Tür zur angrenzenden Wand und da zwei Meter quer rüber bis zu einer weiteren Verteilerdose. Und noch viel, viel weiter, das würden wir später entdecken, wenn wir versuchten, den Strom wieder anzustellen. Kanarisch-kreativ verlegt eben.
Zurück zu Ollie und dem Bohrhammerding. Das Zertrennen des Kabels hatte kurzerhand dazu geführt, dass die Sicherung rausflog. Kein großes Problem, dachten wir, die Stromkabel sind eh doof und müssen erneuert werden, also schnitt Ollie das besagte Kabel durch und isolierte es ordentlich.
Doch der Strom blieb aus.
Aber warum?
Und jetzt stellt Euch mal vor, wenn Ihr den Stromkasten auf dem Foto anschaut, wie die dazu passende Sicherung erst aussehen muss. Leider hab ich davon kein Foto gemacht, nur soviel: Jeder Elektriker würde in Ohnmacht fallen. Dieses verrostete Kästchen im mittleren Bild ist die Buchse, in die diese Sicherung gesteckt wird. Die sieht übrigens ganz ähnlich aus: Plastikabdeckung, darunter 4 Metalldinger und vier Schrauben, von denen je zwei mit 4 dünnen Kupferdrähten verbunden sein sollten. Doch zwischen zweien waren die Drähte durchgeschmort. „Eigentlich müsste man nur die Schrauben mit neuen Kupferdrähten verbinden“, mutmaßte da Ollie, aber nee, lass mal. Wir sind keine Elektriker, und auf Gutdünken irgendwelche Drähte in einen unter Strom stehenden Kasten zu stecken, wäre nun wirklich nicht das Klügste und hat weder mit Pragmatik noch mit zutraulicher Romantik zu tun.
Während Ollie nun mit dem Hammer weiter den Putz von der Wand klopfte, machte ich mich auf den Weg zur Tankstelle im Nachbarort. Integriert ist eine Ferretería, ein Eisenwarenladen, und ich hatte die große, unberechtigte Hoffnung, dass man mir dort womöglich weiterhelfen könnte. Doch der junge Mann starrte nur verwirrt auf das altmodische Ding in meiner Hand und schüttelte den Kopf. Also fuhr ich nach Haría, einem weiteren Nachbarort. Natürlich – das muss so sein, wenn man was braucht – war die Straße gesperrt und ich musste einen Riesenumweg fahren, um dorthin zu gelangen. Aber das Wetter war schön, die Gegend reizend, und wir haben ja alle Zeit der Welt.
„Guten Tag, mir ist eine Sicherung rausgeflogen“, eröffnete ich munter die Konversation, ich bräuchte eine neue, nämlich so eine hier. Auch hier traf ich wieder auf ungläubige, aber wenigstens interessierte Blicke, als ich die vermeintlich antike Sicherung vorzeigte. Der junge Mann hinterm Tresen war überfordert, der Kunde neben mir dagegen interessiert. Ich solle ihm doch mal die Fotos von dem Sicherungskasten (s.o.) zeigen. Dann bot er mir schon eine Lösung für mein Problemchen an: Eine ganz neue, hochmoderne Sicherung sollte es werden, die ließ er sich geben, ich müsste dann nur diese zwei Kabel mit jenen zwei Metallklammern im Kasten verbinden, egal wie herum, so müsste das gehen, ich sollte aufpassen, die Kabel stünden unter Strom, aber das sei ganz bestimmt sicherer, als so ein altes Ding.
Ich zögerte. Ob er Elektriker sei, fragte ich ihn dann, und ob er gerade Zeit hätte. Ich bin ja verrückt, aber so ein Gebastle ist mir dann doch etwas suspekt, das kann der ruhig selber machen. Und er lächelte, sagte, er wäre eher so Einer für alles, und Zeit, nein, Zeit hätte er auch nicht, aber einen Freund, der sei Elektriker und hätte auch schon in Puerto del Carmen gearbeitet. Ich nahm dessen Visitenkarte entgegen und nickte freundlich. Immer noch freundlich nickend verließ ich den Laden und jetzt, endlich, kam ich auf die Idee, den ehemaligen Hausbesitzer anzurufen. Wenn was ist, soll ich mich melden, sagt er immer, und wenn das mal nichts war, was dann? Vielleicht hatte der ja sogar noch so ein altes Ding herumfliegen.
Und tatsächlich. Wie immer nuschelte er: „Sí, sí, claro!“ und stand wenige Minuten später vor unserer Tür.
Er brachte keine neue Sicherung, nur ein altes Kabel, dem er vier Kupferdrähte entnahm. Er verband sie mit den zwei Schrauben, steckte das Sicherungsdingsbums in den Sicherungskasten und schon hatten wir wieder Strom.
Wenn wir nicht auf der Baustelle sind, machen wir die Sicherung raus.
Besser isses.
Ich sehe schon, langweilig wird es euch nicht werden. Als ich anfing im Elsass die ersten Pflänzchen in den Lehmboden zu setzten, waren mindestens 10 Sprünge auf dem Spaten für eine Pflanzloch nötig. Aber das Gemüsebeet wuchs.
Macht doch Spaß.
Nöö, langweilig geht anders, auch wenn die Arbeit sich doch langsam hinzieht.
Ach, als ich auf den Spaten sprang, bin ich umgefallen, das hätte nichts gebracht. Wenn da ein Stein ist, ist da ein Stein, da kannst du hopsen, wie Du willst 😉
Es macht Spaß.
Das war bis jetzt der beste Beitrag. 🙂 Bin gespannt, was noch kommt. Meine Mutter möchte Nashibirnen pflanzen. Die brauchen dann noch eine Bestäuberpflanze o.ä. Man soll wohl immer zwei Bäume zusammen pflanzen. Männlich. Weiblich. Alte chinesische Weisheit. Wurzeln und Steine gibt es bei uns auch. Kann ich gut nachvollziehen. Frohes Gärtnern
Danke!
Nashibirnen? Werden die was in Deutschland? Und ja, es gibt pflanzen, die einander brauchen, ich glaube, der Maulbeerbaum im Garten meiner Eltern hat deshalb nie getragen. (Nebenbei hatte er auch noch irgendwelche Schädlinge angelockt, die an die nachbarlichen Apfelbäume gingen, aber zum Glück hat damals niemand einen Zusammenhang erkannt). Ich gärtnere jetzt erst mal nicht mehr, sollen die Bäume mit dem zugeteilten Wasser klarkommen und schön wachsen. Wenn das Haus erst fertig ist, wird weiter gemacht, oh, schau mal! Lidl hat Basilikum und Minze im Angebot!
Das mit den Bäumchen klingt, als hättest du auch ein kleines Problem mit der Impulskontrolle – kenne ich. Der Mann hat die Erlaubnis, mich im Gartencenter unter Einsatz von körperlicher Gewalt vom Pflanzenkauf abzuhalten (wir haben einen Dreimeterbalkon mit fünf Erdbeerpflanzen, Knoblauch, Frühlingszwiebeln, Kapuzinerkresse, Lavendel, Minze, einem Apfelbäumchen, einer Schale Katzengras und zwei Kästen mit Pflücksalat … bei der Planung war ich vielleicht etwas enthusiastisch, aber Balkonstühle passen noch dazwischen).
Probleme mit der Impulskontrolle? Ich sehe da keine xD
Aber ja, kommt mir bekannt vor. Als wir vor wenigen Tagen im Baumarkt waren, griff ich zu einem Rundum-grünmach-Dünger, gar nicht billig. Ollie schlug darauf vor, doch vielleicht lieber zu einem Pflanzenhändler zu gehen, vielleicht ist es dort billiger. ich schüttelte nur den Kopf: „Schats, du weißt, was passiert, wenn wir im Pflanzencenter sind, das wird nicht billiger, ich gehe unter drei Rosmarin und 4 Lavendelbüschen da nicht raus.“ Wir kauften den Dünger im Baumarkt 😉