Oha, ein Loch.

Blog

Erstaunlich, wie schnell das ging. Am Dienstag hatten wir mit dem Aushub der Erde im Schlafzimmer begonnen, arbeiteten uns dann weiter übers Lesezimmer (a.k.a. Ankleidezimmer) bis zum Arbeitszimmer und würden pünktlich zum wochenendlichen Feierabend die letzte Bodenschicht aus dem Atelier schaufeln.

Für eine ebene Bodenhöhe von 128 cm unterm Meterriss (für Platz für 10 cm Grava + 5 cm Beton-Sauberkeitsschicht + 6 cm Estrich + 5 cm Dielenkonstruktion + 2 cm Parkett) huben wir etwa zehn bis fünfzehn Zentimeter Erde in jedem der drei Räume aus, mal mehr, mal weniger, denn die Räume waren selbstverständlich nicht 100% eben und nicht gleich hoch. Interessanterweise waren die Böden aber relativ glatt; eine zwei- bis drei-Zentimeter-dicke Kalkschicht bedeckte den lehmigen Erdboden, als wäre sie beabsichtigt.

Auf dem nächsten Bild sieht man die glatte Kalkschicht noch wunderbar. Das Bild stammt von vor zwei Wochen, als wir nur an den Rändern gruben und Ollie noch stolz war, alle Trümmer, Sand und Steine beseitigt zu haben, in der festen Meinung, bald den Grava auffüllen zu können.


Ollie nannte sie Eisberge.


Steine (Felsen!), die nur wenige Zentimeter mit ihrer Spitze aus dem Boden ragten, der Rest jedoch fest eingeschlossen im harten Lehmboden feststeckte. Es dauerte, bis wir diese Eisberge umrundet, ausgebuddelt und ausgehebelt hatten. Hier: ein „Eisberg“ im Schlafzimmer.

Einige der Eisberge blieben drinnen, „124, das reicht“, die waren zu tief, unmöglich, sie aus dem Boden zu hebeln. Doch je weiter wir zum Salón kamen, auf desto weniger große Steine trafen wir. Zufall? Oder hatte man sich zur ersten Grundsteinlegung mehr Mühe mit dem Boden gegeben als später? Auch waren keine Scherben und Essensreste mehr zu finden, logisch wiederum, wenn das Haus auf „jungfräulichen Boden“ gebaut wurde. (Ich fühlte mich mal wieder in meiner Theorie zur Entstehung des Hauses bestätigt.)

Am Donnerstagnachmittag waren die ersten drei Räume geräumt, und das Atelier verblieb als vorher letztes auf der To-Do-Liste für den Freitag.

Ein Laser-Nivelliergerät, das macht es leichter, die Höhe ab Meterriss zu bestimmen.
(Freitagnachmittag, Atelier)

Freitag: Früh um halb fünf springt unsere futuristische Bewässerungsanlage vollautomatisch an. Wer sich mit so etwas mal beschäftigt hat, weiß, was für Geräte für den heimischen Garten verkauft werden, sauteure Computersysteme, die in verschiedenen Wasserkreisen zu unterschiedlichsten Zeiten die Pflanzen von unten, von oben oder von der Seite betropfen, besprühen und bespritzen, auf die Minute und den Milliliter genau.
Unsere Anlage besteht aus drei zusammengeknüpperten 50-Meter-langen schwarzen Schläuchen (gespickt mit kleinen Plastikdingerchen zur groben Regulierung der Wassermenge), die mit einer alten Pumpe verbunden und so mit dem Wasser der Aljibe gespeist werden. Ein teures Computersystem wird umgangen durch eine kleine 5-Mark-Zeitschaltuhr (ja, die ist schon alt!), die um halb fünf morgens für eine halbe Stunde den Strom und damit die Pumpe einschaltet. Die Pflanzen sind dankbar auch ohne teure Gartenbewässerungs-App

Freitag früh also sprang die Pumpe an und bewässerte meinen immer größer und grüner werdenden „Garten“. Um elf Uhr kamen wir selbst in Mala an, denn wir mussten vorher noch einen USB-Stick (dazu mehr im nächsten Beitrag) und Accessoires für Bartträger kaufen, und dann begannen wir auch schon mit dem vorerst letzten Raum, dem Atelier.
Anstatt ich – wie noch anfangs im Schlafzimmer – mit dem Hammer auf den Boden eindrosch, während Ollie dasselbe mit dem Spaten tat, hatte er im Verlauf dieser Woche ein System entwickelt, das uns ab Tag drei (d.h. ab dem Zeitpunkt, als ich ihm endlich zuhörte) Zeit und Arbeit sparte: Während der eine (meistens ich) mit dem Spaten stückweise und etwa 10-15 cm tief die Erde lockerte, beförderte der zweite (meist Ollie) mit der Schaufel die lockere Erde in die Schubkarre. Die landete dann im „Beet“ und formte früher oder später eine wunderbar natürliche Hügellandschaft – der Nachbar fragte schon …

Wir schaufeln und spatieren also so vor uns hin, als ich bemerke, dass es in einer Ecke unter dem noch vorhandenen Boden hohl klingt. (Bemerkt Ihr den Wechsel zum Präsens? Ja, ich versuche den Spannungsbogen zu erhöhen, mal schauen, ob es mir so gelingt!) Ich schabe mit der kleinen Gartenschippe etwas herum, und … da! Ein kleines Loch!
Mit ungutem Gefühl geht es weiter. Schippe um Schippe, die ich die lose Erde beseite schiebe, wird der Hohlraum unter der Kalkschicht größer, ich treffe auf ein paar Steine, einer von ihnen ist lose und lässt sich viel zu leicht herausnehmen. Mein Herz rutscht in die Hose.

Ich sitze direkt davor, darauf, darüber, keine Ahnung, wie groß die Aljibe wirklich ist, die ich allein unterm Patio vermutet hatte, und ob die Steine unter mir nicht auch locker sind. Eine Bewegung, und der Boden bräche unter mir zusammen, alles purzelte in die riesige Kammer, halb befüllt mit Schlamm, und ich mittendrin. Vorsichtig stehe ich auf, Ollie? und gehe erst mal ein paar Schritte zur Seite.

Nun muss man wissen, dass ein kleiner, loser Stein nicht die ganze Aljibe zum Einsturz bringen wird. Das macht schon der Aufbau einer solchen deutlich, den wir der folgenden Zeichnung (aus: Arcquitectura tradicional de Canarias, Santiago Alemán Valls, S. 71) entnehmen können:

Im Gegensatz zu Wand und Boden, die mit Sand und Kalk (=Mörtel) verputzt sind, besteht die Struktur des Daches aus „Bögen mit (dicken) Keilsteinen aus Basalt oder Stein, gestapelt ohne Mörtel.“ Dazwischen ist alles verfüllt mit kleineren Steinen. Und so ein kleiner Stein ist es, der da so locker im Boden saß. Nichts weiter also.

Meine Knie bleiben dennoch weich.
Wir entscheiden uns nach kurzer Überlegung dazu, einen dicken Stein draufzulegen und so zu tun, als wäre nichts gewesen. Hat mindestens 100 Jahre gehalten, wird auch weitere 100 Jahre halten.

Passt.

Ganz ruhig. Ich weiß, das sieht nach gefährlichem Pfusch aus, aber wartet doch erst einmal ab.

Wir werden in den kommenden Tagen vorsichtig Grava darüber verteilen (dabei nicht zu dolle hopsen!), werden dann in die Sauberkeitsschicht aus Beton eine Armierung legen, die den gesamten Raum bedeckt, so dass dann nichts mehr passieren kann.

Ein etwas mulmiges Gefühl bleibt trotzdem.

Sobald wie möglich werden wir jemanden holen, der in die Aljibe steigt, sie säubert und sie auf Risse oder sonstiges überprüft, ggf. die Ecke da oben repariert.
Dann wird leider auch die Pflanze in der Patio-Ecke dran glauben müssen, denn die steckt ihre Wurzeln überall hinein: in die Mauern, durch die Mauern, durch die Böden. Nicht gut, aber sie wird an anderer Stelle meines Gartens weiterleben. Vermutlich auf einem der neuen Hügel.

Also: Don’t panic!
Denn sie wissen, was sie tun. 😉

2 Gedanken zu „Oha, ein Loch.“

  1. hi,

    die Mauern um Grundstücke in England, Irland und auch auf den Kanaren sind doch alle ohne Mörtel ausgekommen und sie halten immer noch. Britta war gerade in Irland und es ist dort sehr teuer, wenn man eine Mauer beschädigt, stehen unter Denkmalschutz. Warum soll ausgereshnet Eure Aijibe nicht halten ?

    Gruß Ingrid

    1. Du hast ja Recht, nur, … glaub mir, wenn man da buddelt und plötzlich ist unter einem kein Boden mehr, ist das schon unheimlich. Also mir.
      Wird schon werden. 😉

Schreibe einen Kommentar zu Nedde & Ollie Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert